Jeder Spieler, der eher den Hauptvarianten vertraut, kennt das damit einhergehende Problem zur Genüge. Die Theorie hört nicht auf zu wachsen, und manchem wächst sie früher oder später über den Kopf. Da ist der Wunsch nach einem einfacheren Ansatz verständlich. Man wünscht sich nicht unbedingt eine Eröffnung, die auf frühestmöglichen Vorteil abzielt. Man möchte Rahmenbedingungen, die es zunächst einmal sicherstellen, den Partiebeginn solide über die Bühne zu bringen. Und die eigentlichen Kampfhandlungen sollten möglichst erst zum Mittelspiel hin einsetzen.
Eine solche Eröffnung gibt es, und zwar den sogenannten "Königsindischen Angriff". Dieser bietet ein strategisch höchst interessantes Herangehen an die Eröffnungsbehandlung, mit dem alle weit ausgearbeiteten Varianten vermieden werden können. Bei diesem System (salopp gesagt: einem Deckel, der auf jeden Topf passt) stellt Weiß zunächst nur den Königsbauern ins Zentrum. Dann baut er diesen zu einem äußerst soliden Zentrumsanker aus und entwickelt seine Kräfte im Geiste der Königsindischen Verteidigung. Und die weitere Spielanlage hängt vom gegnerischen Aufbau ab.
Und diese Eröffnung ist nicht etwa zweitklassig, sondern durchaus ernst zu nehmen. Dafür bürgt allein schon die Tatsache, dass etliche Spitzenspieler sie in ihrem Repertoire haben bzw. hatten. Genannt seien hier nur (stellvertretend für viele andere) Weltmeister Magnus Carlsen und Ex-Weltmeister Michail Botwinnik.