Die Königsindische Verteidigung beschreibt einen gewaltigen Komplex von Varianten und Systemen mit den unterschiedlichsten und nicht immer starren Bauernstrukturen, mit komplizierten strategischen Plänen und zahlreichen taktischen Variablen. Die Grundprobleme der Verteidigung sind bis auf den heutigen Tag noch nicht völlig erforscht oder gar gelöst.
Doch genau aus diesem Grunde bietet Königsindisch dem Wettkämpfer eines der fruchtbarsten Experimentierfelder der modernen Turnierpraxis. Vor allem risikofreudige Schachspieler haben eine Vorliebe für diese Eröffnung, die mit ihren scharfen und äußerst taktischen Varianten oft ein Feuerwerk an Kombinationen auf dem Schachbrett entstehen lassen. Hervorragende Schachspieler der Vergangenheit wie Robert Fischer, Michail Tal, Tigran Petrosian oder Boris spasski haben Königsindisch ebenso fest in ihr Repertoire aufgenommen wie viele Schachgrößen der Gegenwart, darunter Garri Kasparow, die Schwestern Polgar, Aleksei Schirow und der deutsche Großmeister Robert Hübner. Und nicht nur in den Händen dieser Spieler ist Königsindisch eine mächtige Waffe.
Alle Systeme dieser komplexen Eröffnung ausführlich in einem Buch zu erörten ist praktisch nicht möglich. Deswegen beschränkt sich der Autor in seiner vorliegenden, auf zwei Buchbände angelegten Arbeit auf einen Aufbau in der Königsindischen Verteidigung, der bei den Führern der weißen Steine besonders wegen seiner positionellen Nachhaltigkeit sehr geschätzt wird: Das Fianchetto-System.
Durch die Flankenentwicklung des Läufers nach g2 organisiert Weiß einen dauerhaften Druck gegen die zentralen Punkte e4 und d5 und festigt zugleich, im Falle der kurzen Rochade, die Stellung seines Königs. Das Spiel von Weiß strebt zunächst in Richtung Zentrum und Damenflügel, wendet sich aber oft bei der ersten Gelegenheit dem gegnerischen König auf der anderen Brettseite zu.
Das Fianchetto-System verspricht dem Anziehenden viele gute Chancen auf der Basis einer gesunden Strategie. Letzteres beweisen anschaulich zwei der weltbesten Spieler, Garri Kasparow und Anatoli Karpow, die es neben einer Reihe weiterer starker Großmeister regelmäßig anwenden. Schwarz muß allerdings nicht verzagen. Ist er mit den Finessen des Systems vertraut, so stehen ihm viele Verteidigungspläne zu Gebote, die ihm ausreichende Gegenchancen garantieren.
Dieser erste Band ist der Analyse der komplizierten Jugoslawischen Variante gewidmet. Die restlichen Abspiele nach g2-g3, bei denen Schwarz auf die natürliche Entwicklung seines Damenspringers nach c6 verzichtet, werden in Band 2 vorgestellt. Dessen Erscheinen ist für das Folgejahr geplant.
Doch zunächst wünscht der Verfasser allen Lesern viel Freude beim Studium der anschließenden Seiten und daß er reichlichen praktischen Nutzen hieraus ziehen möge.
Dortmund, Herbst 1998
Jerzy Konikowski, FIDE-Meister