Endspieltechnik ist zweifellos für jeden Schachspieler wichtig. Und so gibt es zahlreiche Bücher über diese alles entscheidende Phase der Schachpartie. Ob sie aber den Lesern das nötige Gefühl für das Endspiel beibringen ist bei den meisten zu bezweifeln.
Der Weg, den Hans-Joachim Hecht in diesem Buch aufzeigt, ist dagegen ungewöhnlich, aber garantiert erfolgreich. Das vorliegende Werk ist nämlich kein übliches Lehrbuch, sondern im Mittelpunkt steht vielmehr die Figur, die im Endspiel den größten Kraftzuwachs erfährt: der König.
Mein Ziel war es, ein leicht verständliches Endspiellesebuch zu verfassen, mit dem der Blick für den bestmöglichen Plan geschärft wird eben den Königsweg im Schach und zugleich die Begeisterung für das Endspiel zu wecken, so der Autor, der im Wesentlichen auf eigenes Material aus seiner eigenen Turnierpraxis zurückgreift.
Hans-Joachim Hecht (Jahrgang 1939), der mehr als zwei Jahrzehnte lang zu den anerkannt stärksten Schachspielern hierzulande zählte, hat selbst fast alle Endspieltypen (aus-)gespielt und viele davon gewonnen.
Wenn wundert s, dass der Großmeister mit einem derart profunden praktischen Endspielwissen, der Deutschland u.a. auch zehnmal bei Schacholympiaden vertrat, als Experte für den Aufbau der international hoch geschätzten ChessBase-Endspieldatenbanken unentbehrlich war.
Rezension beim Glarean-Verlag:
In der Eröffnung und im Mittelspiel aufgrund seiner Schutzbedürftigkeit in aller Regel nicht in der Lage, aktiv ins Spielgeschehen einzugreifen, avanciert der König im fortgeschrittenen Partieverlauf bekanntermaßen zu einer starken Figur, deren Aktivität vor allem im Endspiel oft entscheidend für das Resultat ist. Dies weiß natürlich jeder erfahrene Schachspieler. Da die Praxis aber mehr von uns verlangt als die bloße Kenntnis solcher allgemeinen Lehrsätze, hat der bekannte deutsche Großmeister Hans-Joachim Hecht sich der Figur, die unserem Spiel seinen Namen gab, in einem neuen Werk mit dem Titel «Königswege im Schach – Der Endspiel-Ratgeber» ausgiebig gewidmet.
Erfahrung im Endspiel hat Hecht als Teilnehmer an zehn Schacholympiaden ganz zweifellos, und lange Jahre zählte er zu den stärksten deutschen Schachspielern. Hecht galt stets als sehr erfolgreich im Endspiel, was auch die von ihm gespielten Endspiele zeigen, welche einen Großteil des Buches einnehmen. Wenig erstaunlich also auch, dass Hecht ob seiner Fertigkeiten im letzten Partieabschnitt z.B. maßgeblich am Aufbau der bekannten Chessbase-Endspieldatenbank beteiligt war.
«Königswege im Schach» umfasst etwa hundert ausgewählte Beispiele, die nicht nur aus den erwähnten Musterpartien Hechts, sondern zudem noch aus aktuellen Meisterbegegnungen und vereinzelten Studien stammen. Einige der präsentierten Partiefragmente bringen die Kraft des Königs so klar zur Geltung, dass man sich während der Lektüre beim Schmunzeln ertappt. Hecht führt hierzu einige Mittelspiele vor, die in der Tat beeindruckend sind. So etwa den eindrucksvollen Königsmarsch aus der Partie Short-Timman in Tilburg 1991. Der weiße Monarch unterstützt hier dank der Dominanz seiner übrigen Figuren das Matt, nachdem er die eigene Rochadestellung verlassen hat. Die Ästhetik solcher Aktivierung aller verfügbaren Resourcen einschließlich des Königs ist nicht von der Hand zu weisen – ein echter Königsweg eben.
Obwohl der König und seine Manöver im Mittelpunkt des Buches stehen, geht der übrige Inhalt weit darüber hinaus. In insgesamt 14 Kapiteln werden die Besonderheiten verschiedener Endspieltypen und jene der anderen Figuren hervorragend illustriert, wobei Hecht die den gegebenen Partiestellungen zugrunde liegenden Pläne in verständlichen Worten ausführlich erläutert, und alle seine Ausführungen mit überschaubaren, aber ausreichenden Varianten untermauert.
Das zentrale Thema ist dabei das Zusammenspiel aller Figuren mit ihrem König. Wie wichtig dies für die erfolgreiche Gestaltung des Endspiels ist, betont Hecht unermüdlich. In Kapitel 9, welches er ganz ausdrücklich eben dem Figuren-Zusammenspiel gewidmet hat, schreibt Hecht im einleitenden Teil über den Fall eines fehlenden Einsatzes des Königs: «Der König spielt nicht mit – Wie bitte?»
Mit seinen 160 Seiten ist «Königswege im Schach» natürlich nicht mit gängigen Enzyklopädien über das Endspiel gleichzusetzen. Der Leser findet hier kein systematisches Lehrbuch über das Endspiel, diesen Anspruch erhebt der Autor aber auch gar nicht. Ziel war es laut Hecht, ein Buch zu schreiben, das sich nicht an erfahrene Turnierspieler und Meister wendet, sondern «an jene aufstrebenden Schachliebhaber, die zwar über das elementare Endspielwissen verfügen, jedoch mehr über die farbige Welt des Endspiels erfahren möchten.»
Dieses Vorhaben scheint ihm durchaus gelungen zu sein. Ein besseres Gefühl für das Endspiel wird von Hecht durch seinen kurzweiligen Ratgeber in jedem Fall vermittelt – dem lernenden Spieler wird klar gemacht, worum es in den behandelten Endspielen überhaupt geht, so dass es für ihn leichter wird, Endspiele zu bewerten und einen richtigen Plan zu fassen. Diesbezüglich interessante Stichwörter sind beispielsweise: «Raum und Festung», «Pattverteidigung», «Springerwege», «Bauern auf einem Flügel» oder auch «Geringe Bauernzahl».
Abgerundet wird Hechts «Königswege im Schach» – wie bei didaktisch guten Schachbüchern inzwischen üblich – mit diversen Aufgaben, ergänzt durch den obligatorischen Lösungsteil am Ende des Buches. Der Leser wird bei einigen Lehrbeispielen selbst dazu angehalten, einen besseren Weg zum Gewinn zu suchen, oder eine Möglichkeit zu finden, die den Gegner in Zugzwang bringt. So wird man während der Lektüre einbezogen und kann seine eigenen Überlegungen mit den Analysen des Großmeisters vergleichen.
Wer das Endspiel mag, bekommt hier ein sehr gutes Buch in die Hand, in dem ein Endspielexperte einen Teil seines Erfahrungsschatzes offenbart.