Am 3. März 1975 starb unerwartet der am 20. Oktober 1905 geborene Verfasser dieses Büchleins, Senatspräsident Dr. Karl Fabel, Richter i.R., einer der führenden deutschen Problemkomponisten und -theoretiker. Er widmete sich dem Problemschach aus Leidenschaft. Obwohl er ein bedeutender Vertreter der »Neudeutschen Schule« war und manche »orthodoxe« Komposition von bleibendem Wert geschaffen hat, galt seine besondere Liebe doch der »verborgenen Blume, die nur der aufmerksame Wanderer aufspürt, dem es Freude bereitet, auch abseits der ausgetretenen Pfade nach Merkwürdigkeiten Ausschau zu halten«. »Die Grenzen vom orthodoxen Schach zum Märchenschach sind nicht scharf gezogen. Zwischen beiden liegt ein Gebiet, das nur von wenigen Kennern betreten, von vielen Problemfreunden jedoch gemieden wird. Einzüger und Vielzüger, Rochade- und Retro-Aufgaben, dazu mathematische Fragen und Humor in geistreicher Form finden in den normalen Schachspalten kaum Zutritt« - so lautet eine Art problemschachlichen Glaubensbekenntnisses Fabels. Wir haben unsere Schachecken immer gern seinen geistvollen Problemschöpfungen geöffnet, und seine humorvollen Problemfreunde Gurkenbein und Piepenbrink, denen er manche seiner extravaganten Problemgedanken in den Mund gelegt hat, sollten einmal in einem Sonderbändchen zu Wort kommen.
1943 erschien sein erstes größeres Problemwerk »Kleinkunst« zusammen mit Dr. Maßmann und Palatz, das 150 Miniaturen dieser 3 Komponisten darbot; in der Neuauflage 1963 trat Dr. Speckmann als Vierter hinzu. Dazwischen gab er »Einiges über Schachaufgaben« heraus; der allzu bescheidene Titel läßt nicht vermuten, daß sich dahinter eine Einführung in die Grundbegriffe des Problemschachs und ein Überblick über das Ideengebiet der Neudeutschen Schule verbirgt. Mit der vorliegenden Neuausgabe dieses verdienstvollen Buches unter dem mit Recht umfassenderen Titel »Einführung in das Problemschach« wollen wir das Andenken des Verstorbenen ehren und den Problemfreunden einen Dienst erweisen.
Sein »Kurioses Schach« (1960) ist eine Fundgrube amüsanter und geistvoller Einfälle. Es bewegt sich in derselben Richtung, die er bereits 1947 mit »Am Rande des Schachbretts« und 1955 mit »Rund um das Schachbrett« eingeschlagen hatte. Das von der Kritik glänzend aufgenommene Gemeinschaftswerk mit seinen finnischen Freunden Bonsdorff und Riihimaa »Schach und Zahl« liegt in 2. Auflage vor; der jüngst verstorbene Schweizer Schachhistoriker Dr. Blass urteilte darüber: »Es gibt m.E. kein Buch - auf schachlichem oder nichtschachlichem Gebiet -, das auf so kleinem Raum, in so gefälliger Form so viel menschlichen Scharfsinn offenbart«.
Dr. Fabel war »Internationaler Schiedsrichter für Schachkompositionen der FIDE« und hatte sich große Verdienste um die Problemistengemeinschaft »Die Schwalbe« erworben. Humor, Reiselust und Unternehmungsgeist zeichneten ihn bis zuletzt aus. Sein 70. Geburtstag stand vor der Tür. Die vielen und vielerlei geplanten Glückwünsche wurden zu Abschiedsgrüßen.
Dr. Werner Lauterbach November 1976